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Sommerulaub 2009 - La Montanara



 

Samstag, 8. August

von Anke Krause
Sommerulaub 2009 - La Montanara >>

Das Wetter sieht mal wieder mehr als zweifelhaft aus, aber darauf können wir leider keine Rücksicht nehmen: Für das Kind ist ein Tagesritt gebucht und die orangefarbene Regenjacke muss sich schließlich auch irgendwie bezahlt machen. Außerdem: Bisher bleibt es ja auch beim zweifelhaften Aussehen. 20 Serpentinen bergab, dann parken wir pünktlich um 8.45 Uhr (eigentlich haben wir ja URLAUB!!!) vor dem Reiterhof. Ein bisschen müssen wir uns durchfragen, aber bald hat das Kind mit Händen und Füßen (die zuständige Reitlehrerin kann keine Deutsch und das Kind bildet sich ein, kein Französich zu können) ein Pferd zu Reinigungszwecken zugewiesen bekommen. Erst einmal staubt es ungemein, aber nach der gnadenlosen Behandlung durch das Kind strahlt das Pferd in bestimmt noch nie dagewesenem Glanz. Anders die Nachbarpferde. Die Dame in der Box rechts weiss gar nicht, was sie mit den einzelnen Reinigungs-Werkzeugen anfangen soll und der Herr links hat offensichlich Angst, etwas kaputt zu machen, so dass er es auch bei ein paar halbherzigen Bürstenstrichen belässt. Nach und nach trudeln die restlichen Teilnehmer ein. Wir stehen uns derweil die Beine in den Bauch und haben unsere Aufgabe darin gefunden, alle überzähligen Kleidungsstücke des Kindes an uns zu nehmen „Puh, das ist viel zu warm so, nehmt mal den Pullover wieder mit. Und die Regenjacke am besten auch.“ Da sind wir aber jetzt nicht kompromissbereit, die Jacke bleibt am Mann bzw. am Kind, beschließen wir, und wohl oder übel fügt sie sich ins Unvermeidliche. So, endlich dürfen die Pferde aus dem Stall geführt werden. Auf dem Platz versucht man nun, deren Rücken zu entern. Der Boxnachbar zur Linken macht das ganz dynamisch: er schwingt sich mit so viel Eleganz und Kraft hoch, dass er gleich auf der anderen Seite des Pferdes wieder unten steht. Eine andere Teilnehmerin hängt sich verzweifelt an den Sattel und versucht einen Kliimmzug, was aber lediglich zur Folge hat, dass der Sattel dem Pferd jetzt fast unter dem Bauch hängt. Das Kind beginnt zu zweifeln, ob es hier auf der richtigen Veranstaltung ist, wir schauen uns indessen verstohlen nach der versteckten Kamera um. Als endlich alle oben sitzen (zum großen Teil höchst elegant gekleidet, nur wenige tragen einen Helm), gibt es noch eine Kurzeinweisung: „Rechts am Zügel ziehen bedeutet rechtsrum, links ziehen bedeutet linksrum.“ Das Kind verdreht immer mehr die Augen und überlegt vermutlich insgeheim, ob nicht ein Museumsbesuch heute das bessere Programm gewesen wäre. Aber was hilft es, nun sitzt sie auf dem Pferd, nur die Härtesten kommen durch und bezahlt ist schließlich bezahlt. Schon während der Einweisung machen die Pferde eigentlich eher, was sie wollen und kümmern sich überhaupt nicht darum, was die Reiter wollen. Aber die wissen das ja auch selbst nicht so genau. Mit einer Ausnahme: Das Kind zeigt dem Gaul erst einmal, wo es lang geht. Trotzdem – ganz glücklich sieht sie dabei nicht aus. Und dann geht es in illustrer Runde ab ins Hochgebirge. Pünktlich fängt es jetzt auch endlich an zu regnen. Mal gut, dass wir uns in Sachen Regenjacke durchgesetzt haben.

So, das Kind ist gut (?) beschäftigt, was machen wir jetzt? Eine Fahrt durch die Weinberge, das hatten wir schon länger auf dem Programm, aber bisher immer aufgeschoben, weil das Kind keine Lust hatte. Hinter Sion geht es bergauf über die Dörfer. Unsere Karte ist nicht so ganz präzise und der Reiseführer, der immerhin mit einer verbalen Wegbeschreibung aufwarten kann, ist leider schon so alt, dass die Straßenfühung mittlerweile komplett anders ist. Das und der prompt auftretende dichte Nebel sorgen dafür, dass wir erstens völlig falsch fahren und zweitens nichts von der Landschaft sehen. Vielleicht trinken wir erst einmal irgenwo einen Kaffee und warten auf besseres Wetter. Aber das ist leichter gesagt als getan. Es gibt nirgends etwas, was auch nur im Entferntesten nach einem Café aussieht. Also fahren wir immer weiter und stehen plötzlich am Ortseingang von Sierre. Na, auch gut, da wollten wir eh noch mal hin. Warum also nicht jetzt? Der Reiseführer sagt uns – nichts! Na toll, der ist wirklich zu nichts zu gebrauchen. Wir fahren durch die Stadt und finden irgendwo am Rand ein Parkhaus. Hineinfahren, parken, zu Fuß hinaus in die Fußgängerzone. Die übliche Frage: „Wo ist denn hier der Platz, wo sich die Jugend trifft?“ - sprich: das Zentrum. Wir suchen hier und suchen da und werden beim besten Willen nicht fündig. Die einzige sehenswerte Kirche hat geschlossen, etwas anderes gibt es nicht zu sehen. Vielleicht hat sich der Verfasser des Reiseführers doch etwas dabei gedacht, Sierre so schnöde zu vernachlässigen... Wenigstens einen Kaffee wird es doch wohl hier geben! Ja, ein ziemlich ungemütliches Café am Rand der Innenstadt hat noch einen winzigen Tisch frei. Wir quetschen uns an den anderen Gästen vorbei und nehmen Platz. So richtig traurig sind wir allerdings auch nicht, als wir feststellen, dass wir mal wieder den loser-Tisch erwischt haben, an dem nicht bedient wird. So können wir einfach unverrichteter Dinge wieder gehen, ohne ein schlechtes Gewissen zu haben. Langsam trotten wir zurück in Richtung Parkhaus. Da! In einem anderen Café direkt an der Haupt-Durchgangsstraße wird soeben ein Tisch frei. Wir bestellen uns Frappé und nutzen die Toilette (was eigentlich das Wichtigste an diesem Café-Besuch war!). Dann aber zurück zum Auto. Was weiter? Man könnte auch mal nach Leukerbad fahren, davon wird uns seit Jahren berichtet, es sei auch gnz schön. Nebel und Regen führen dazu, dass man die gähnenden Abgründe neben der Straße nicht so deutlich sieht, was die Fahrt enorm erleichtert. Nach etlichen halsbrecherischen Kurven kommen wir endlich an. Große Appartmenthäuser schauen uns an, nicht besonders einladend, wie wir finden. Aber jetzt erst einmal: Auto ins Parkhaus am Ortsrand, wir selbst mit Regenjacken in die Fußgängerzone. Wir besichtigen das größere der beiden Thermalbäder, nur von außen allerdings, für einen Badebesuch fehlt uns erstens die Zeit, zweitens die Lust und drittens die Kleidung. Aber man hat immerhin schon einmal eine Vorstellung. Im Nieselregen schlagen wir uns durch zum alten Ortskern, kaufen zwischendurch Kuchen – ein Stück zum sofortigen Verzehr (neiiin, nicht ich!) und einen ganzen als Mitbringsel für die Daheimgebliebenen. Was mir wesentlich besser gefällt als die Bäckerei, ist der Walliser Bauernhofladen, in dem wir bestialisch stinkenden, aber sündhaft leckeren Käse erstehen. Und das alte Dorf ist dann doch richtig nett. Hat sich also doch gelohnt, herzukommen.
Jetzt aber schnell zurück ins Tal, das Kind ist bald mir seinem Abenteuer-Ausritt fertig. Immer noch regnet es, wir bereiten gedanklich schon einmal eine heiße Badewanne fürs Kind vor. Was aber wohl nicht nötig ist: Pferde und Reiter kommen nahezu gleichzeitig mit uns an und schon aus weiter Ferne kann man sehen: Das Kind kocht! Vorsichtige Anfragen ergeben, dass der Ritt wohl ein absoluter Reinfall war. „Unverantwortlich, mit solchen Anfängern und solchen Pferden in die Berge zu gehen. Bei den Viechern kann man überhaupt nichts beeinflussen, die reagieren auf gar nichts!“ - Unser vorsichtiger Vergleich: „Also so ähnlich wie Autoscooter?“ - „Nein, viel schlimmer, wie Schweinchenbahn!“
(Weitere Ausführungen zu der Bergtour möchte ich an dieser Stelle nicht machen, schließlich war ich ja nicht dabei. Aber ich lade das Kind herzlich ein, die Kommentarfunktion zu nutzen und dem geneigten Leser spannende Details zugänglich zu machen.)

 

zuletzt geändert: Nov 20 2009

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