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Kreta 2010




Eigentlich waren die Fahrräder schon fix und fertig für die Elbe-Tour. Aber dann kam doch alles ganz anders ...

  

Montag, 31. Mai 2010

von Anke Krause
Kreta 2010 >>

Der Wecker klingelt um 2.30 Uhr, die Straßenbahn soll um 3.05 Uhr fahren (habe ich den Wecker eigentlich danach abgeschaltet oder wird das Kind jetzt jeden Morgen um diese Zeit geweckt?). Die Bahn ist pünktlich, der Anschluss mit dem ersten Nachtbus klappt reibungslos, zum zweiten haben wir 5 Minuten Umsteigezeit. Eine Frau erklärt uns, wo der Bus abfährt. "Ich kenne das,ich fahre hier jeden Morgen zur Arbeit". Na prima, da freue ich mich, dass ich morgens immer erst um 7.00 Uhr los muss. Am Flughafen ist noch nicht viel Betrieb, unser Flug ist der allererste an diesem Tag. Wir passieren die Sicherheitskontrollen ohne Beanstandungen, gefährliche Waffen wie Taschenmesser und Nagelschere habe ich vorsorglich im Koffer untergebracht. Dankenswerterweise hat das Marché-Restaurant schon geöffnet, wir essen ein Croissant und trinken einen O-Saft, anschließend auch noch einen Kaffee. Irgendwann wird der Flug dann aufgerufen, der Einstieg verläuft problemlos, wir nehmen unseren Fenster- und Mittel-Platz ein. Dann kommt der Mann, der den Gang-Platz reserviert hat. Der kramt erst einmal stundenlang in seinem Handgepäck und lässt sich anschließend ächzend auf den Sitz fallen. Der Gurt passt nur mit Mühe - auch mit lägster Einstellung. Kaum sitzt er, fängt er an, die Armlehne hoch und runter zu klappen, um seinen mitgebrachten Kopfhörer irgendwo anzuschließen. Der Gatte ist schon mittelmäßig genervt und kann sich der ganzen Situation nur dadurch entziehen, dass er fast umgehend den abgebrochenen Nachtschlaf nachholt. Leider geht das auch nicht so ohne weiteres, denn kaum sind wir eine Weile in der Luft, wird auch schon das Frühstück serviert. Der Mann am Gang schafft es nicht, seinen Tisch vollständig herunter zu klappen, der Bauch ist im Weg. So muss der Tisch eben schräg bleiben, die Flugbegleiterin ist umsichtig genug, den Kaffeebecher nicht ganz voll zu gießen. Gut, dass der Flug zu diesem Zeitpunkt außerordentlich ruhig verläuft! Diverse Lautsprecheransagen zum Wetter im Moment, zur Flughöhe, zum Wetter am Zielort, zur Zeitverschiebung und zu günstigen Einkaufsmöglichkeiten für Zigaretten und Parfüm an Bord lassen wir an uns vorbeiziehen, als dann aber gefragt wird, ob jemand mit medizinischer Ausbildung an Bord ist, horchen wir doch beide auf und der Gatte meint nur zweifelnd "hoffentlich nicht für den Piloten". Aber es ist wohl nur einem anderen Fluggast schlecht geworden und an Bord ist tatsächlich eine Ärztin. Also alles halb so wild. Inzwischen wird draußen das Wetter doch etwas heftiger und wir werden aufgefordert, angeschnallt zu bleiben. Gut, dass der Kaffeebecher des Mannes am Gang inzwischen leer ist! Überpünktlich landen wir in Heraklion, werden mit dem Bus zum Flughafengebäude gebracht und stehen jetzt am Gepäckband. Hoffentlich hat die Dame das gestern Abend beim Check-In richtig auf die Reihe bekommen und unsere Koffer sind jetzt nicht auf Gran Canaria oder sonst wo in der Welt. Aber es geschehen noch Zeichen und Wunder, tatsächlich sind beide Gepäckstücke mitgekommen! Wir begeben uns zum Ausgang und suchen nach den Autovermietungen. Prima, da sind ja gleich ganz viele.Wir entscheiden und für ein renommiertes internationales Unternehmen und mieten dort für eine Woche einen handlichen schnuckeligen Kleinwagen. "Bitte schön, hier ist der Schlüssel, das Auto steht auf dem Parkplatz auf der anderen Straßenseite". Nach einigem Suchen finden wir das Auto und versuchen jetzt, unser Gepäck - ein eher kleiner Koffer, eine normal große Reisetasche und unsere beiden nicht sehr großen Handgepäck-Rucksäcke - unterzubringen. Der Kofferraum ist mit dem Koffer vollends ausgefüllt, der Rest muss dann wohl auf die Rückbank. Das ist leichter gesagt als getan. Erst nach langer Suche finden wir den Hebel, mit dem sich der Beifahrersitz nach vorne klappen lässt. Die Reisetasche passt nur mit viel Mühe durch die entstandene Lücke, die Rucksäcke verstauen wir im Fußraum, ebenfalls mit viel Mühe. Aber schließlich wollten wir ja so einen netten Kleinwagen haben. So, jetzt aber los Richtung Agia Galini. Eine echte Straßenkarte haben wir nicht, nur eine Art illustrierten Werbeprospekt von der Autovermietung. Aber immerhin gibt es den Reiseatlas auf den letzten Seiten des Reiseführers, der muss fürs erste reichen. Und tatsächlich erweist es sich als gar nicht so schwierig, aus Heraklion heraus zu kommen und die Autobahn zu erreichen. Wir staunen über die große Stadt, das blaue Meer und das schöne Wetter und fahren dann auch prompt an der richtigen Ausfahrt vorbei. Na gut, lernen wir eben gleich am Anfang noch etwas mehr von der Insel kennen. An der nächsten Ausfahrt fahren wir ab und in Gegenrichtung wieder auf, diesmal erwischen wir den richtigen Abzweig - steht ja auch schon groß "Agia Galini" dran! Zwar erst mal in griechisch, noch sind wir nicht so recht mit diesen Buchstaben vertraut, aber dann kommt auch ein Schild mit lateinischen Buchstaben. Jetzt also noch etwa 70 Kilometer. Es geht über Dörfer, mitten durch die Berge, überall blüht haushoch der Oleander (warum wird unserer zu Hause bloß immer gehätschelt und verwöhnt und bleibt dann doch so mickrig?). Die Straße ist erstaunlich gut, und so brauchen wir trotz diverser LKW gar nicht so lange, bis wir erstmals den Blick auf das libysche Meer haben. Und dann passieren wir auch schon das Ortsschild von Agia Galini. Es geht steil zum Meer hinunter, in einer Kurve steht ein Hinweisschild zu unserem Hotel. Wir müssen in eine abenteuerlich enge Gasse einbiegen, die rechts von mehreren Hotels und links von einer großen Bauruine und massenhaft geparkten Autos begrenzt wird. Gut, dass wir so ein kleines Auto haben! Unser Hotel ist das vierte in der Reihe, kurz dahinter ist die Gasse zu Ende und wir können das Auto auf einem - doch eher provisorischen - Parkplatz abstellen. Bevor wir das Gepäck aus dem Auto zerren, wollen wir erst einmal einchecken. Wir gehen zum Hoteleingang und finden ihn - verschlossen. Mittagspause? In einem Mittelmeerland würde mich das nicht wundern.Aber ein etwas genauerer Blick durch die Eingangstür zeigt uns verhängte Sitzgelegenheiten im Eingangsbereich, gestapelte Terrassenstühle hinter dem Bar-Tresen, Putzeimer mitten im Raum. Kurz und gut, das sieht nicht nach einer kurzen Mittagspause aus, sondern wie dauerhaft geschlossen. Ein Anwohner, den wir zu diesem Thema befragen, erklärt uns irgendetwas auf griechisch und gestikuliert wild dazu. Daraus entnehmen wir, dass das Hotel wohl tatsächlich nicht geöffnet ist. Toll, und nun? Das Kind schlägt uns per SMS einen Aufenthalt auf einem Campingplatz vor, aber wir ziehen es vor, erst einmal in den Ort zu gehen und irgendwo einen Vertreter unseres Reiseveranstalters aufzutreiben. Tatsächlich gibt es auch ein Büro mit entsprechender Reklame - geschlossen natürlich. Ein Schild an der Tür deutet darauf hin, dass das wohl Dauerzustand ist, in Notfällen könne man den Vertreter in seinem Büro in Heraklion unter der Handy-Nummer xyz erreichen. Was nun? Ah ja, direkt gegenüber ist eine Autovermietung, die denselben Namen wie unser Hotel trägt. Richtig, da war was, in der Hotelbeschreibung stand etwas von einer angeschlossenen Autovermietung. Fragen wir doch einfach mal dort nach! Eine junge Frau, der wir unser Problem in englisch schildern, übersetzt dem Chef das Ganze ins Griechische, der schüttelt verständnislos den Kopf und telefoniert erst mal. Wir sollen uns bitte etwas gedulden, man wird schon eine Lösung finden. Wir bekommen einen Kaffee und ein Wasser und lassen uns gemütlich in der Autovermietung nieder. Dass hier ein Höllenlärm herrscht, weil gerade eine neue Computeranlage installiert wird und dafür Kabel verlegt bzw. Wände aufgestemmt werden müssen, stört nur am Rande. Was der Chef jetzt genau geplant hat, wissen wir noch nicht. Kommt der Vertreter des Reiseveranstalters her? Sorgt er auf eigene Faust für ein Alternativzimmer? Oder was sonst? Irgendwann nach gefühlten 2 Stunden fährt ein Auto vor, in dem eine ältere und eine jüngere Frau sitzen und etwas herein rufen, was wohl bedeutet "noch eine halbe Stunde". Und dann? Wir unterhalten uns derweil nett mit der Frau von der Autovermietung über die Weltwirtschaft, über Fußball und über den Eurovision Song Contest. Dann ist es auch in der Autovermietung so weit, dass man Mittagspause machen möchte. Wir werden herauskomplimentiert und von der Frau wieder zu unserem Hotel geleitet. Sieh da, jetzt ist es tatsächlich geöffnet! Die beiden Frauen aus dem Auto haben ein Zimmer im dritten Stock fertig gemacht, das wir jetzt beziehen können. Die ältere kommt mit einem Strauß Rosen, den sie uns hineinstellt, die jüngere heisst uns in akzentfreiem Deutsch willkommen - kein Wunder, sie kommt aus Stralsund, wie sie uns später erzählt. Und jetzt erfahren wir auch, was passiert ist: Das Hotel öffnet normalerweise erst Mitte bis Ende Juni - je nach Bedarf und Buchungen. Unsere Last-Minute-Buchung hatte sich noch nicht bis Agia Galini durchgesprochen - das Fax war mitten in der Nacht eingetroffen und bisher hatte es noch niemand gelesen. Aber jetzt haben die beiden Frauen in Windeseile alles einsatzfähig gemacht und wir können als einzige Gäste einziehen. Privatzimmer mit Familienanschluss sozusagen. Wir zerren unser Gepäck aus dem Auto (Sitz nach vorne klappen, Tasche verkanten, einer vorne ziehen, der andere hinten drücken, plopp, Tasche steht neben uns), beziehen unser Zimmer, als erstes fällt im Bad das Schild auf "Papier bitte nicht in die Toilette werfen". Stimmt, das kennen wir ja schon von anderen Griechenland-Urlauben, da müssen wir wohl den Eimer benutzen, der daneben steht. Gewöhnungsbedürftig, aber das ist nun mal so. Dass das Wasser eine gute Stunde braucht,um den Spülkasten wieder vollständig zu füllen, stellen wir auch bald fest. Das erfordert schon etwas mehr Improvisationstalent und zeitliche Entzerrung der Toilettenbesuche. Na gut, wir wollen uns ja auch gar nicht viel im Hotelzimmer aufhalten. Endlich können wir zur ersten Ortsbesichtigung aufbrechen, nachdem wir uns der Berliner Winter-Bekleidung entledigt und die sommerlichen Sachen zum Einsatz gebracht haben. Zwei Tavernen wurden uns schon empfohlen, erst von der Frau in der Autovermietung und dann noch einmal von Silke aus Stralsund. Die suchen wir jetzt erst mal, dann wissen wir für abends schon Bescheid. Das Gewimmel in den Gassen ist zunächst verwirrend, aber bald haben wir das System entdeckt. Drei Gassen zum Meer, dazwischen eine Quergasse. Und alles voll mit Tavernen und Souvenir-Shops. Da haben wir ganz schön zu tun, wenn wir alles abarbeiten wollen! Aber zuerst erkunden wir noch den Weg zum Strand. Schließlich hat unser Hotel keinen Pool, und wenn wir schwimmen wollen, werden wir das in dem Tümpel tun, wie das angeblich bereits lauwarme Mittelmeer ab sofort bei uns heisst. Bei der Gelegenheit treffen wir auch auf "Kostas", die Taverne, die uns nicht nur Silke und die Autovermietungs-Frau wärmstens ans Herz gelegt haben, sondern die auch in diversen Reiseführern als absolutes Must von Agia Galini aufgeführt ist. Ok, ich muss den Leuten Recht geben. Die Lage direkt am Meer ist traumhaft, es gibt Sessel, in denen man viel besser sitzt als auf komischen Strandliegen oder gar direkt im Sand, der Service ist sehr nett. Wie das Essen ist, werden wir erst einmal nicht erfahren, dazu ist es noch zu früh am Tag. Aber ein Frappé ist jetzt schon mal drin. Den (und eine große Flasche Wasser) strecken wir über mehrere Stunden, die wir mit Lesen im Reiseführer, Fotografieren, einfach nur Gucken und schließlich tatsächlich auch Schlafen verbringen - immerhin sind wir seit 2.30 Uhr auf den Beinen, nach nicht einmal 2 Stunden Schlaf. So muss Urlaub sein! Schließlich erheben wir uns dann doch wieder, gehen durch die Gassen zurück zum Hotel, erledigen zwischendurch noch die ersten Einkäufe ("Was man hat, hat man!"). Zum Abendessen laufen wir dann wieder bei Kostas ein, bestellen Vorspeisen und Fisch. Sehr gut und nicht einmal teuer. Guter Tip vom Silke und den anderen, hierher kommen wir wieder. Einziger Minuspunkt: es gibt keinen Wi-Fi-Hotspot. Der aus dem Nachbarlokal wäre zwar eigentlich erreichbar, aber die werden mir wohl kaum das Passwort verraten, während ich bei Kostas tafele. Da müssen wir wohl noch eine andere Lösung finden, um mit dem Kind zu kommunizieren.

zuletzt geändert: Jun 29 2010 at 09:29

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