Mittwoch und Donnerstag, 5. und 6. August |
von Anke Krause |
Gletscher und mehr
Papa klärt uns auf: Der Aletschgletscher ist der größte Alpengletscher, man kann an verschiedenen Stellen bis fast ran und sich das Spektakel anschauen. Wir beschließen, mit der Seilbahn zum Eggishorn hochzufahren, dort soll man den besten Überblick haben. Also machen wir uns auf (24 Serpentinen abwärts!) Richtung Sion, Sierre, Leuk und was da noch alles so kommt. In Visp erwartet uns der unvermeidliche Stau, so dauert es dann doch länger als erwartet, bis wir die Talstation der Gondelbahn in Fiesch erreicht haben. Der Parkplatz ist brechend voll, aber mit viel Glück bekommen wir inm dritten Anlauf doch noch einen Platz – die ersten Gletscher-Touristen sind schon fertig und fahren jetzt wieder nach Hause. Dummerweise ist der Parkplatz „met betaal“, der Automat steht kurz vor dem Eingang zur Gondel. Leider ist es nicht bereit, unsere Geldscheine zu nehmen, Kleingeld haben wir nur für maximal eine halbe Stunde. Das reicht nun wirklich nicht, also kaufen wir erst einmal die Karten für die Seilbahn und versuchen so, Geld zu wechseln. Papa kauft nun ein Parkticket und macht sich auf den langen Marsch zurück zum Auto. Als er wieder da ist, ist die Gondel gerade losgefahren, die nächste geht in einer halben Stunde. Also beobachten wir in der Zeit einfach die unzähligen Gleitschirmflieger, die sich todesmutig vom Eggishorn stürzen und jetzt den Himmel über Fiesch bevölkern. Papa sinniert „Da hätte ich vielleicht sogar auch mal Lust zu ...“ Das Kind wird ganz hellhörig und versucht sofort ausfindig zu machen, wo sie das entsprechende Gerät für Papa auftreiben kann. Aber zum Glück wird gerade der Weg zur Seilbahn freigegeben. Die Gondel ist rappelvoll. Zusammen mit einer Familie aus Holland und zwei dreckverspritzten jungen Männern mit mindestens ebenso dreckverspritzten Mountainbikes sind wir die einzigen, die keine Gleitschirme mit hochnehmen. Dafür sind wir dann aber auch die einzigen, die an der Mittelstation umsteigen und mit der zweiten Seilbahn bis zum Gipfel hochfahren. Was uns dort erwartet, verschlägt uns fast den Atem: Ein Bergpanorama vom Feinsten. Etliche Viertausender, Eiger, Mönch und Jungfrau, das Matterhorn und dazwischen der gigantische Gletscher. Wir haben ja nun schon die einen oder anderen Berge gesehen, aber das hier ist die Krönung! Lange bleiben wir stehen, machen ein Foto nach dem anderen und kommen aus dem Staunen gar nicht mehr heraus. Irgendwann mahnt Papa aber dann doch zum Aufbruch, wenn man schon mal hier ist, möchte man ja schließlich auch wenigstens noch ein paar Schritte laufen. Der Weg zur einzigen Hütte und zurück dauert zu lange, dann bekommen wir die letzte Seilbahn zurück nicht mehr. Also einfach zu Fuß zur Mittelstation, das sollte machbar sein. Was wir aber nicht eingeplant haben, ist erstens die Beschaffenheit des Weges: über Stock und Stein, über Felsspalten und wacklige Steine (einmal bleibt das Kind zwischen zwei Felsblöcken hängen und kann nur mit Mühe das Gleichgewicht halten), zweitens der Fototick des Kindes, die sich heute ganz besonders auf Blumen-Nahaufnahmen spezialisiert hat, und drittens die Murmeltiere, die sich ganz in unserer Nähe völlig ungeniert in der Sonne räkeln. Da muss Papa jetzt mit der Super-Zoom-Kamera ran! (Dass er dazu seine Brille abnimmt und die anschließend fast im Gras liegen lässt, sei an dieser Stelle nur am Rande erwähnt). Und dann der Blick auf die Uhr: Es ist schon später als gedacht, wenn wir die letzte Gondel ins Tal noch bekommen wollen, ist jetzt Stechschritt angesagt. Papa legt ein ordentliches Tempo vor, das Kind mault, dass es jetzt nicht mehr knipsen kann und ich versuche, mit hängender Zunge hinterher zu kommen.
Kurz vor Toresschluss erreichen wir dann die Mittelstation, gerade noch Zeit, um ein paar Postkarten zu erstehen. Leider fühlt sich in dem Laden niemand für die Kasse zuständig und so legen wir die Karten wieder zurück und hetzen zur Seilbahn. Erst jetzt kommen wir dazu, einen kräftigen Schluck aus unseren Wasserflaschen zu nehmen, vorher war einfach keine Zeit.
Am Auto dann wieder der schönste Moment des Tages: Die Wanderschuhe kommen von den Füßen und ganz vorsichtig meldet das Kind schon jetzt an: „Morgen aber nicht schon wieder wandern, meine Beine müssen sich erst mal erholen!“.
Heimfahrt – Stau in Visp – 24 Serpentinen bergauf - Bier und WLAN – Essen – Skat – Nachtruhe.
So kommt es dann, dass wir den folgenden Tag zum schwimmen einplanen. Eins der zahlreichen Thermalbäder in der Umgebung soll es sein, in unserem Prospekt hat das Kind sich schlau gemacht und entscheidet sich für Brigerbad. Dort soll es außer Thermalwasser auch eine 180 Meter lange Wasserrutsche geben. Wieder 24 Serpentinen bergab, Stau in Visp, Stau in Brigerbad – vor dem Parkplatz des Bades nämlich. Kein auch noch so winziges Plätzchen zu ergattern, so dass wir das Auto dann irgendwann am Straßenrand abstellen und uns zu Fuß durch die Hitze schleppen. Wieder Stau am Eingang, als wir endlich unsere Eintrittskarten haben, werden wir zum Umkleiden in den Keller geleitet. Kein freier Schrank, keine freie Kabine! Aber zum Glück haben wir kein Problem mit den Gruppenumkleideräumen, werfen uns dort in unsere Badesachen und können nun endlich ein schattiges Plätzchen auf der Wiese suchen. Pustekuchen! Die Wiese ist dicht an dicht mit Handtücher belegt, Papa beschließt, sich ins Restaurant zu setzen und dort auf uns zu warten, während wir im Wasser sind. Geht aber auch nicht, hier ist kein einziger Stuhl mehr frei. Also doch auf die Wiese. Und mit etwas Glück finden wir am äußersten Rand noch ein halbwegs schattiges Plätzchen, wo Papa sich gleich mit seinem Buch niederlässt und nachdrücklich klarmacht: „Ins Wasser gehe ICH nicht!“ Aber macht ihr mal ruhig...“. Wir begeben und also zu zweit zum einzigen nennenswerten Becken, dabei fällt unser Blick auf die Rutsche und die Warteschlange, die bis zur Wiese reicht. Danke, damit hat sich dieses Thema für uns erledigt. Also erst einmal ein paar Züge schwimmen. Das geht dann auch so lange, bis wir die Füße anderer Schwimmer in der Magengrube haben oder mit dem Wurfgeschossen der Kiddies kollidieren. Immerhin gibt es ja noch den Strömungskanal – „Nur für geübte Schwimmer“ steht da dran. Seltsam, dass auch Kleinstkinder mit Schwimmflügeln und Greise sich in dem Becken tummeln. Bald wissen wir, warum: „Iiihhh, was ist denn das für eine laue Brühe?“ schreit das Kind, als es den ersten Zeh ins Wasser taucht. Wüssten wir nicht, dass es sich um Thermalwasser handelt, würden wir jetzt die Kleinstkinder und Senioren noch einmal etwas skeptischer mustern. Aber so... „Bezahlt ist bezahlt“ denken wir und stürzen uns in die laue Brühe. Am gegenüberliegenden Ende des Beckens gibt es tatsächlich so etwas wie eine leichte Strömung, kaum wahrnehmbar, aber immerhin. Später wird uns klar, dass nur zu bestimmten Zeiten geströmt wird, wir haben wohl gerade die Pause erwischt. Auf die nächste Runde können wir aber nicht warten, so lange hält man es in der Hitze nicht aus. Also zurück zum anderen Becken, auch wenn man dort keinen Platz zum Schwimmen hat. Wir beschränken uns stattdessen darauf, die Leute am Beckenrand zu beobachten und festzustellen, wie mutig so mancher in Bezug auf sein Outfit ist. „Das geht ja wohl mal gaaar nicht!“ ist einer der meistgebrauchten Ausrufe. Im Ernst, muss man seine überflüssigen Kilos wirklich in einen quietschbunten superknappen Bikini zwängen? Und in dem Alter sollte Mann eigentlich über goldene Fußkettchen hinaus sein. Immer wieder gern gesehen: Die aufgesteckte hochklappbare Sonnenbrille. Und so weiter, wir haben jedenfalls viel Spaß.
Als die Hände langsam runzlig werden, schauen wir mal nach, was Papa in seinem schattigen Eckchen so macht. Er liest uns scheint ganz zufrieden dabei. Trotzdem machen wir jetzt einen Versuch, im Schwimmbad-Restaurant noch etwas zu trinken. Hoffnungslos, wie wir feststellen müssen. Irgendwie ist uns jetzt auch die Lust am Schwimmbad vergangen und wir blasen zum Aufbruch. Wieder in die Gruppen-Umkleide, die Zivilkleidung wieder angelegt und durch die Gluthitze zu Fuß zum Auto. Stau in Visp. Aber etwas trinken wollen wir dann doch noch, dazu fahren wir einfach mal nach Leuk-Stadt. Vielleicht gibt es ja hier eine nette Kneipe. Vor allem gibt es ein gespenstisches, dunkles und enges Parkhaus, in dem wir jetzt das Auto abstellen. Fotopause, dann der Gang durch den Ort (es hätte übrigens jede Menge kostenlose Parkplätze unter freiem Himmel gegeben). In der Tat gibt es am Hauptplatz ein paar Tische, an denen man offensichtoich etwas zu trinken bekommt. Und zu essen auch. Das Kind hat Hunger und bestellt sich eine kleine Nudelpfanne. Als die später auf dem Tisch steht, erbleicht das Kind angesichts der Größe der Portion. Und tatsächlich, wir essen zu dritt davon und schaffen es immer noch nicht. Aber lecker ist es schon! Nun aber zurück, unser WLAN wartet schon! 4 Serpentinen bergauf, Einkaufsstopp an dem Bauernhof, der Obst und Gemüse verkauft. Und Ausritte in die Berge organisiert! Das Kind bekommt glänzende Augen und handelt uns einen Ganztagsritt für den übernächsten Tag ab. Um 9.00 Uhr dort zu sein, ist zwar ein echter Härtetest, aber was tut man nicht alles für die lieben Pferdchen? Die restlichen 21 Serpentinen bergauf („Das arme kleine Flachlandauto!“), Papa fährt die Strecke inzwischen richtig gerne, wie er zwischendurch anmerkt. Bier und WLAN – Essen – Skat – Nachtruhe.
zuletzt geändert: Nov 10 2010
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