7. August - In the City |
Von Anke Krause (anke) |
5.30 Uhr, wir haben uns aufgerafft, sogar noch vorher geduscht, und stehen jetzt in der Hotelhalle. Mit Spannung warten wir, ob die Kinder unseren Anordnungen Folge leisten. Und siehe da, zwar mit sehr kleinen Augen, aber doch halbwegs pünktlich, erscheinen zunächst zwei, das dritte trottet etwas später mit noch kleineren Augen heran. Wir ziehen also los, die Stadt bei Sonnenaufgang zu entdecken. Die Eltern nutzen die Gelegenheit, stimmungsvolle Fotos zu machen, die jüngere Generation hingegen nutzt jede sich bietende Gelegenheit, den entgangenen Schlaf im Sitzen, Liegen, Stehen oder (ich bin nicht ganz sicher) sogar im Gehen nachzuholen. Die Stadt ist völlig menschenleer, wir begegnen nur der Stadtreinigung und einigen Gärtnern, die vor Beginn der großen Hitze die öffentlichen Rasenflächen mähen. In den nächsten zweieinhalb Stunden durchwandern wir in aller Ruhe die Altstadt von Tallinn und erfahren viel Wissenswertes, auch oder gerade Dinge, die in keinem Reiseführer stehen. Zum Frühstück sind wir dann wieder zurück im Hotel. Der größere Teil unserer Reisegruppe zieht es vor, jetzt erst mal zu Ende zu schlafen, während wir uns zu zweit wieder in Richtung Stadt aufmachen. Und schlagartig wird uns klar, warum es eine so wunderbare Idee war, den Stadtrundgang schon so früh zu starten. In Tallinn, muss man wissen, fahren die Kreuzfahrtschiffe nämlich „bis fast auf den Rathausplatz“ (O-Ton Adrian) und spucken jeweils gefühlte zwei Millionen Touristen aus. Um da etwas Ordnung hinein zu bringen, haben die Gruppenleiter alle hübsche Schirmchen in den Erkennungsfarben der Gruppe, alternativ (wohl für die des Lesens Kundigen) Schilder mit Nummern. Diese Erkennungszeichen werden hoch in die Luft gestreckt und jeder weiss nun, hinter welchem Schirm / Schild er herzutrotten hat. So geht auch niemand verloren. Es ist doch recht mühsam, sich zwischen diesen Menschenmassen hindurch zu kämpfen und wir sind heilfroh, dass wir die Stadt ein paar Stunden zuvor so ganz anders erlebt haben. Völlig entkräftet fallen wir in die Sessel eines Straßencafés ungefähr 100 Meter vom Rathausplatz entfernt und lassen unsere Blicke über die Karte schweifen. Nicht, dass uns um diese Stunde schon der Sinn nach Bier gestanden hätte - Latte Macchiato gibt es schließlich auch - , aber festgestellt haben wir es dann doch: Der halbe Liter ist hier für 55,- Kronen zu haben. So sind wir denn frisch gestärkt für die obligatorische Tour durch die Souvenirläden (wer weiss, ob es später auf den Inseln noch etwas gibt!) Natürlich kann man auch unglaublichen Kitsch kaufen, aber es fällt uns nicht schwer, auch jede Menge schöne Mitbringsel zu erstehen.
Zurück im Hotel müssen wir nun erst einmal das Kind wecken und planen dann mit ihr zusammen einen Straßenbahnausflug zum Schloss Kadriorg. Schloss, Park, Strand, nach den vielen Menschen im der Altstadt vielleicht ganz erholsam... Fünf Stationen mit der Linie 1, die fährt ganz in der Nähe des Hotels los. An der Haltestelle müssen wir auch nicht lange warten, zwar steht an dem Wagen die Nummer 6, aber laut Haltestelleninformation fährt hier nur die 1. Also einsteigen, Fahrkarten kaufen und abwarten. An der dritten Station (die Abstände zwischen den Haltestellen sind in Tallinn erheblich größer als z.B. in Berlin) fällt uns auf, dass die Richtung irgendwie anders ist als vermutet und an der vierten stellen wir fest, dass zwar eine Linie 1 angekündigt war, der Wagen die Nummer 6 trägt, wir tatsächlich aber in der Linie 3 sitzen. Also aussteigen, zumal das Kind mittlerweile über Bauchschmerzen klagt. Die nächste Bahn zurück in Richtung Zentrum kommt zum Glück bald und so geht es denn auf dem selben Weg wieder zurück, den wir auch gekommen sind. Dann rollen wir die Altstadt eben noch einmal von der anderen Seite auf. Das Kind strebt nach China und so suchen wir wieder mal ein Straßencafé auf. Schätzungsweise 300 Meter von Rathausplatz entfernt. Kosten für den halben Liter Bier: 45,- Kronen. Hier trinken wir dann übrigens wirklich eins... Später treffen wir dann unsere Freunde wieder, die dem zwischenzeitlich übermächtigen Hunger bereits in einer Pizzeria zu Leibe gerückt sind. So brauchen wir für heute Abend nur einen Tisch für drei Personen. Das sollte machbar sein. Trotzdem dauert es eine ganze Weile, bis wir etwas Adäquates gefunden haben. Hat sich aber gelohnt: Service mit weißen Handschuhen, erlesene Speisekarte (unter anderem Schweinefilet und Lachs), reichhaltige Weinkarte, immerhin auch mit europäischen Weinen. Wie sich im Laufe unserer Reise noch herausstellen wird, haben die Esten sonst eher ein Faible für chilenische, argentinische, australische, südafrikanische oder andere Weine aus Übersee. Vorwiegend süß oder allenfalls halbtrocken im Übrigen. Macht aber nichts, das Bier ist hier wirklich gut. Über den Bierpreis in diesem Restaurant kann ich leider nichts sagen, wir haben Wein getrunken... Wir lassen uns viel Zeit, denn heute hat auch das Kind die Kamera dabei und möchte am Domberg noch ein paar Nachtaufnahmen machen. Ich beschränke mich dann vorwiegend darauf, Vater-und-Tochter-machen-Nachtaufnahmen-Bilder zu machen, das aber noch fast zwei Stunden lang. Wir atmen noch ein letztes Mal Stadtluft, bevor wir am nächsten Tag die Mietwagen bekommen und uns aufmachen in Richtung Haapsalu.
zuletzt geändert: Oct 10 2007 um 17:54
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