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Abenteuer Estland


16.-20. August - Muhu

Von Anke Krause (anke)
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Vier Tage auf Muhu stehen bevor. Unser Quartier, der Riinu-Hof, und die Gastgeberin Liivi wurden uns schon bei der Ankunft in Tallinn als absoluter Glückstreffer geschildert. Mal sehen. Und da man in Estland nie etwas falsch macht, wenn man zur Begrüßung ein paar Blumen mitbringt, unterbrechen wir unsere Fahrt und streifen zu siebt durch Felder und Wiesen, um einen netten Strauß zusammen zu stellen. Mit Hilfe von Nagelschere und Taschenmesser ist das auch kein Problem. Jetzt aber schnell, bevor die ganze Pracht verwelkt ist! Zum Glück ist die Insel Muhu nicht so groß und wir erreichen unseren Zielort zügig. Nur am Riinu-Hof fahren wir prompt erst mal vorbei, stehen mit zwei Autos plötzlich mitten in der Einöde zwischen Gestrüpp und Sand. Nachträglich noch ein dreifach Hoch auf die beiden Fahrer, dass sie uns mit halsbrecherischen Wendemanövern da wieder heil heraus gebracht haben! So, jetzt sperren wir die Augen etwas genauer auf und sehen den Riinu-Hof in voller Schönheit. Und die Gastgeberin steht auf der Terrasse und wartet schon auf uns. Wir werden unsere Blumen los (die lassen die Köpfe nun doch schon etwas hängen), sehr zum Erstaunen von Liivi, die damit nun gar nicht gerechnet hatte. Die Zimmerverteilung ist schnell erledigt, die drei jungen Herrschaften wieder zusammen in einem Zimmer im Gartenhaus, die Eltern im Hauptgebäude. Ansonsten ist es auch hier wieder wie bei Michel, es gibt eine Trissebude, ein Saunahäuschen und – zur großen Freude des Kindes – Pferde auf dem Nachbargrundstück. Der große Garten ist wunderschön gestaltet, überall gibt es Sitzgelegenheiten zum Lesen, Grillen oder einfach zusammensitzen. Da hat man erst mal gar keine Lust, wieder aufzubrechen, um die Insel zu erkunden. Also gibt es jetzt in aller Ruhe Kaffee, Ost-, West- und Bertkekse (die Lebkuchen sind schon wieder alle!). Und die Planung für die kommenden Tage. Einkaufen muss erst mal sein. Es gibt auf der Insel einen Supermarkt, der Getränke, Obst, Schokolade und natürlich Lebkuchen führt. Und direkt daneben Handicraft. Dekorative Holzgegenstände wie Käsebretter, Löffel und Buttermesser, außerdem nette Kleinigkeiiten aus Leinen wie Servietten, Tischdecken, Handtücher und Topflappen. Und hier werden wir zum ersten Mal so richtig mit Muhu konfrontiert: gestrickte Pullover in den typischen Inselfarben schwarz und grellorange. So ganz können wir uns mit dieser Farbgebung bis zum Schluss nicht anfreunden, erinnert sie doch zu sehr an die Berliner Stadtreinigungsbetriebe... Und wo wir schon mal hier sind, können wir auch gleich unser Abendessen einnehmen, denn das einzige nennenswerte Inselrestaurant ist praktischerweise gleich neben dem Handicraft-Laden. Wieder zurück bei Liivi machen wir jetzt auch Bekanntschaft mit den übrigen ständigen Bewohnern von Riinu: einer goldigen Mini-Katze und einem nicht ganz so goldigen, dafür aber ziemlich haarenden weißen Kater. Die Kinder sind jetzt erst mal gut beschäftigt. Die „Großen Leute“ setzen sich zusammen mit Liivi und den anderen Gästen auf die Terrasse und im Laufe des Abends werden alle möglichen Schätze hervorgekramt: Wodka, Gin und sogar die Flasche Whisky aus dem Duty-free-shop am Schönefelder Flughafen. Irgendwann ziehen sich dann die Damen vornehm zurück, die Herren dagegen beschließen, doch jetzt endlich mal die Sauna zu testen. Zum Glück ist es ihnen nach dem ersten Gang dann viel zu warm und es wird doch noch eine geruhsame Nacht.

Wer auf Muhu weilt, sollte unbedingt das Museumsdorf Koguva gesehen haben. Ein Freilichtmuseum, in dem die Menschen noch leben wie vor 100 Jahren. Alte Wohn- Arbeits und Stallgebäude gibt es dort, eine Schule, einen Webstuhl zum Ausprobieren, einen Handicraft-Laden mit orangefarbenen Pullovern und sogar die Fortbewegungsmittel der damaligen Zeit werden dargestellt. Ein besonderes Highlight ist dann eine Vorstellung der örtlichen Folkloregruppe, die mit Gesang und Tanz das Publikum begeistert.

Unsere Versuche, wenigstens einmal in diesem Urlaub auf ein estnisches Pferd zu steigen, scheitern zunächst kläglich. Wir haben nicht berücksichtigt, dass unser Aufenthalt mit dem zweiten estnischen Unabhängigkeitstag kollidiert und deshalb die Insel voll mit estnischen Wochenend-Touristen ist. So sind denn alle Pferde schon vergeben und auch in den nächsten Tagen nicht mehr frei (ich hoffe, das Kind hat unsere Erleichterungsseufzer nicht gehört!). Aber für unsere Tochter wendet sich dann doch noch alles zum Guten, Liivi lässt ihre Kontakte spielen und so kann das Kind an einem Ausritt auf den Pferden des Nachbarhofs teilnehmen.

Wie geplant, kommen wir auch noch mehrfach nach Saaremaa zurück, in Orissaare gibt es einen Markt (der sich allerdings als mäßig attraktiv herausstellt) und eine alte Burgruine, die viel Gelegenheit zum Klettern und Fotografieren bietet. Und am letzten Tag unseres Muhu-Aufenthalts wagen wir uns sogar in ein naturgeschütztes Moor-Gebiet. Mein Fehler: Ich habe ein dunkelblaues T-Shirt angezogen, darauf scheinen Mücken besonders zu stehen. Und Brumm-Stop forte liegt bei Liivi...

Einen großen Teil unserer Muhu-Zeit verbringen wir auf dem Riinu-Hof mit Dart-Spielen, Lesen, Trampolin-Springen (das allerdings nur die noch rüstigen jungen Leute), Tarzan-Spielen und einfach nur ausruhen. Allerdings ist das für zumindest einen Mitreisenden leichter gesagt als getan: sitzen wir draußen, werden wir von Mücken zerfressen, drinnen schlägt die Katzenhaar-Allergie gnadenlos zu. Aber irgendwie gewöhnt man sich auch daran.

Eines Abends ist nur noch der jüngste Mitreisende anwesend, die beiden andern jungen Herrschaften haben sich unserem Sichtfeld entzogen. Wir finden sie, gut versteckt, hinter einer Hecke und sie - üben Tanzen! Cha-Cha-Cha und Wiener Walzer und solche Sachen. Leider gab es keine passende Musik und auch keine Gelegenheit mehr, uns das Ergebnis ihrer Anstrengungen vorzustellen. Schade!

Am letzten Abend hat Liivi versprochen, noch einmal für uns zu kochen. Und nun ist das Essen fertig und nur ein Teil der Gäste da. Unsere Freunde haben nämlich an diesem Tag einen Ausflug zum Festland unternommen und dabei haben leider zwei ihrer Autoreifen ihren Geist aufgegeben. Für den einen gibt es das Ersatzrad, aber der zweite? Mit Mühe erreichen sie also die Fähre zurück nach Muhu, dort die Tankstelle und erstehen eine Handpumpe, die jetzt alle paar Kilometer zum Einsatz kommen muss. Na, das kann ja spaßig werden, am nächsten Tag müssen wir 120 Kilometer bis Tallinn fahren und wegen des Nationalfeiertags hat auch kein Reifendienst geöffnet.

Aber wir lassen uns die Laune nicht verderben und verbringen einen letzten schönen Abend auf dem Riinu-Hof.

zuletzt geändert: Oct 10 2007 um 17:52

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von am um
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